BeReal - Die neue Trend-App unter der Lupe

August 19, 2022

Die neue Social-Media-App BeReal ist in aller Munde. Die App-Downloads und Userzahlen steigen aktuell rasant. Aber wie funktioniert die App? Und was macht BeReal anders als Instagram, TikTok und Co.? Sollten Marketing-Verantwortliche jetzt auf die neue Trend-App setzen? Diese und weitere Fragen werden in diesem Beitrag beantwortet.

Inhalt

  1. Was ist BeReal?
  2. Wie funktioniert die App BeReal?
  3. BeReal im Vergleich zu Instagram & TikTok
  4. Wie macht BeReal auf sich aufmerksam?
  5. Wer nutzt BeReal?
  6. Social-Media-Marketing und Influencer Marketing auf BeReal
  7. Kritik an BeReal
  8. Fazit

1. Was ist BeReal?

Im Dezember 2019 wurde BeReal von Kevin Perrau und Alexis Barreyat in Frankreich gegründet. Die seit 2020 für Android und iOS verfügbare Social-Media-App ermutigt User dazu, authentischere Einblicke in Ihr Leben zu geben. Laut Apptopia hat BeReal aktuell 21,6 Mio. monatlich aktive Nutzer. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es nur 920.000. Mit dieser Steigerung von 2.248 % wird klar: das Interesse an der App wächst rapide. Laut Statista wurde BeReal bis Mai 2022 ca. 2.7 Mio. mal heruntergeladen. Die Top 3 Länder nach den App-Downloads bilden hier USA, Frankreich und UK. BeReal App-Downloads: Statistic: Lifetime downloads of social media app BeReal worldwide as of May 2022, by country | Statista
Statista

Bisher hat BeReal noch keine Strategie zur Monetarisierung ihrer App bekannt gegeben. Abonnements, In-App-Käufe oder -Werbung sind aktuell nicht möglich. Die App hat kürzlich eine 30 Mio. US-Dollar Finanzierung erhalten.

2. Wie funktioniert die App BeReal?

Bei der App BeReal steht Authentizität im Mittelpunkt. BeReal ist eine App zum Teilen von Fotos. Das Spannende ist, dass die User jeden Tag zu einer anderen Zeit alle gleichzeitig benachrichtigt werden, um ein Foto innerhalb von 2 Minuten aufzunehmen und zu teilen. Die User können das Foto zwar erneut aufnehmen, wenn es ihnen nicht gefällt, jedoch zeigt BeReal den Followern an, wie oft ein Foto erneut gemacht wurde. Der Zeitdruck hat natürlich auch Einfluss auf die Art der Fotos, die auf der App gepostet werden. Wer auf der Suche nach Hochglanzbildern wie auf Instagram ist, wird auf BeReal vermutlich enttäuscht sein. Denn ein schneller Outfitwechsel oder der Sprint zum geeigneten Foto-Spot sind nicht das Ziel für die BeReal User. Es geht primär darum, genau das zu fotografieren, was eben gerade zufällig vor die Linse kommt. Das Konzept der Kontrollabgabe zugunsten der Authentizität findet man bei BeReal auch an anderer Stelle. Denn beim Aufnehmen des Fotos löst sowohl die Front- als auch die Rückkamera des Smartphones gleichzeitig aus. Zudem verfügt BeReal weder über Filter noch Bearbeitungsmöglichkeiten. Auch die Anzahl der Follower wird nicht angezeigt.

BeReal selbst beschreibt dies als einen „neuen und einzigartigen Weg, um herauszufinden, wer deine Freunde in ihrem täglichen Leben wirklich sind.“

Wird das zweiminütige Zeitfenster überschritten, können die User nur noch ein sogenanntes „Late“ posten. Erst nach dem Posten werden ihnen die Bilder der anderen App-Anwender angezeigt. Die BeReal-Nutzer können allerdings selbst entscheiden, wer die Bilder sehen darf. Hier haben die User die Optionen, die Bilder nur den eigenen Freunden anzuzeigen oder diesen mit der ganzen Welt zu teilen. Unterschieden wird hierfür bei BeReal in zwei Bereiche: den „Meine Freunde“- und den „Discovery“-Bereich. Im Discovery-Bereich können User wie von anderen Social-Media-Plattformen gewohnt durch eine endlose Liste an Beiträgen scrollen. Dort findet man aktuell eine recht hohe Anzahl an Schnappschüssen, die offensichtlich in Schulgebäuden oder Universitäten aufgenommen wurden. Der Grund dafür liegt im Marketing-Konzept von BeReal. Mehr dazu kannst du unter Punkt 4 lesen.

BeReal hat keine „Gefällt mir“-Funktion wie Instagram, TikTok und Co. Stattdessen können die User mit einem RealMoji auf die Posts anderer reagieren. Ein RealMoji ist ein persönlich angepasstes Emoji, das als Selfie mit der eigenen Mimik und Gestik eine Emoji-Reaktion nachahmt. Da nur einmal pro Tag auf der App gepostet werden kann, werden die User auch nicht verleitet, mehrere Stunden pro Tag auf der App zu verbringen. In diesem Punkt hebt sich die App ganz klar von den aktuell dominierenden Social-Media-Plattformen ab.

3. BeReal im Vergleich zu Instagram & TikTok

Instagram - BeReal will das Anti-Instagram sein.

Kurz zu Instagram: Instagram ging 2010 als eine Art öffentlich zugängliches Fotoalbum an den Start. Mehr als ein Jahrzehnt später ist den Usern längst klar, welche Bilder auf der Plattform ankommen und welche nicht. Uniformität hat sich breitgemacht. Jedes noch so hübsch geplante und ordentlich zurecht gefilterte Foto ist nicht mehr als ein Klischee. Selbst der in diesem Jahr populär gewordene und mittlerweile als „Casual Instagram“ bekannte Trend, möglichst ungestellt wirkende Schnappschüsse zu veröffentlichen, ist am Ende auch nur Nachahmung von Bestehendem. Die nach dem Trend entstandenen Bilder mögen auf den Betrachter so wirken, als wären es spontane Schnappschüsse. Allerdings sind diese oftmals gut durchdachte und geplante Bildkompositionen. Ein öffentlich zugänglicher Instagram-Account dient letztlich immer der Erschaffung einer visuellen Identität, einem möglichst konsumierbaren Abbild des eigenen Selbst. Mehr zu Instagram

Genau davon will sich BeReal abgrenzen. Die Social-Media-App will etwas bieten, das sich zwischen megaerfolgreichen Influencern und von Profis kontrollierten Markenauftritten bei Instagram kaum finden lässt: Authentizität. Der Begriff soll laut BeReal aber nicht als Marketing-Buzzword verstanden werden. BeReal verkauft eine andere Idee von Authentizität. Eine, die durch Planung des perfekten Fotos durch Vorbereitung und Überlegung erstickt wird. Eine Authentizität, die offenbar nur durch Zwang erreichbar ist.

TikTok - 9:16 Kurz-Videos vs. statische Bilder

Man liest es überall: Video liegt im Trend. Viele wechselten von Instagram zu TikTok. Daraufhin startete Instagram mit Reels, um die User mit dem eigenen 9:16 Video-Format auf der App zu halten.

Kurz zu TikTok: Im Jahr 2018 wurde die App TikTok der Nachfolger von musical.ly. Die App war damals hauptsächlich bekannt für Lip-Sync-Videos, hat aber inzwischen eine Vielzahl von Content Creators gewonnen, die Videos zu verschiedensten Bereichen wie Kochen, Education oder Entertainment posten. Mehr zu TikTok

BeReal hat sich entgegen diesem Trend für ein Foto-Format entschieden, das eher wie ein spontaner Schnappschuss während eines Videotelefonats wirkt. Eine spannende Entscheidung, auf ungeschönte, einfache Bilder zu setzen, während alle bestehend Social-Media-Plattformen dem Kurz-Video-Trend im 9:16 Format nacheifern. Ob sich dieses Format zugunsten der Authentizität durchsetzen wird, bleibt jedoch abzuwarten.

4. Wie macht BeReal auf sich aufmerksam?

Der aktuelle Erfolg der App kam erst zwei Jahre nachdem diese an den Start gegangen ist. Der plötzliche Erfolg dürfte nicht zuletzt mit der Marketing-Strategie von BeReal zusammenhängen. BeReal hat für die eigene Vermarktung ein Botschafterprogramm ins Leben gerufen, um sich eine vorwiegend junge Zielgruppe zu sichern. Dazu werden Studierende und zumindest in den USA auch Schüler rekrutiert, die ihren Kommilitonen und Mitschülern die Vorteile der App schmackhaft machen sollen.

Anstelle für Online-Anzeigen oder Influencern auf anderen Plattformen zu bezahlen, wird den Studierenden auf der Website von BeReal eine „großartige Bezahlung“ versprochen. Laut der College-Zeitung der US-amerikanischen Brown University handelt es sich dabei offenbar um eine Zahlung in Höhe von 30 US-Dollar für jede vermittelte Person. Auch die geworbenen Studenten erhielten laut der College-Zeitung 50 US-Dollar.

5. Wer nutzt BeReal?

Detaillierte Auswertungen zu den Nutzern von BeReal gibt es aktuell noch nicht. Laut Data.ai kann lediglich gesagt werden, dass es am wahrscheinlichsten ist, dass die App verstärkt von der Gen Z genutzt wird. Allerdings gehöre wohl auch ein großer Teil der User zu den Millennials.

6. Social-Media-Marketing und Influencer Marketing auf BeReal

6.1 Social-Media-Marketing

Derzeit ist es Unternehmen nicht gestattet, Profile auf BeReal zu erstellen. In den Nutzungsbedingungen von BeReal heißt es: “Die Nutzer müssen sich damit einverstanden erklären, BeReal nicht zu Werbe- oder kommerziellen Zwecken zu nutzen, um Werbung, kommerzielle Aufforderungen, Spam, “Kettenbriefe”, “Schneeballsysteme” zu veröffentlichen oder die Übertragung von Werbung zu erleichtern oder Informationen, Daten oder Inhalte über andere Nutzer ohne deren Zustimmung zu sammeln.

Erst wenn BeReal es Instagram, TikTok Pinterest und Co. gleichtut und Werbung zulässt, können Unternehmen die Social-Media-Plattform für sich nutzen.

Zudem ist es aktuell noch zu früh, um eine Aussage darüber zu treffen, ob sich BeReal als neue Social-Media-Plattform bei den Usern etabliert. Die Möglichkeit, dass der aktuelle Hype wieder abklingt und die App die Relevanz nicht auf Dauer beibehalten kann, besteht natürlich. Ähnlich wie dies vor ca. anderthalb Jahren bei der Audio-only-App Clubhouse der Fall war.

6.2 Influencer Marketing

So schnell wie der Wandel bei den führenden Social-Media-Plattformen ist, ist dieser auch im Influencer Marketing. Es ist definitiv wichtig, alle Plattformen zu kennen und die aktuellen Trends zu verfolgen. Genauso wie alle anderen Social-Media-Apps, auf denen sich (potenzielle) Influencer tummeln, sollte BeReal im Blick behalten werden. Aktuell ist es noch zu früh, um zu sagen, ob BeReal das neue TikTok wird, sprich eine Social-Media-Plattform, auf der Marken durch Influencer schnell Reichweite in einer jungen Zielgruppe aufbauen können.

Natürlich sind auch einige Influencer bereits auf der App aktiv, um ihren Followern etwas mehr Authentizität bieten zu können. Ob nun genau in dieser Art von Content eine Produkt-Platzierung sinnvoll ist? Vermutlich nicht, denn die BeReal User erwarten auf der App authentischen Content ihrer Freunde. Viele wechseln auf die App, weil sie es leid sind, überall Werbung zu sehen. Daher besteht die Wahrscheinlichkeit, dass werbliche Inhalte auf der App nicht so gut ankommen.

Marken sollten sich also vorerst auf die bewährten Social-Media-Plattformen konzentrieren und nicht um jeden Preis eine Influencer-Marketing-Kampagne auf die BeReal Gegebenheiten zu zuschneiden.

7. Kritik an BeReal

Datenschutz ist bei Apps immer wieder ein großes Thema. Besonders bei Social-Media-Plattformen, in denen persönliche Informationen preisgegeben werden. Appvisory hat genau deshalb BeReal einer umfassenden Datenschutz-Prüfung unterzogen und ist zu dem beunruhigenden Ergebnis gekommen, dass sie von der Nutzung der App abraten. Diese Entscheidung beruht vor allem auf zwei gravierenden Lücken im Datenschutz: 1: Die Kontaktdaten der User werden an die US-amerikanischen Server von BeReal gesendet und somit in ein DSGVO-fremdes Land. 2: Sowohl in der iOS als auch in der Android Version der App war eine sogenannte „Man-in-the-Middle-Attacke“ erfolgreich. Das bedeutet, dass unbefugte Dritte die Daten potenziell mitlesen können. Wobei hier wohl in der Android-Version ausreichend Gegenmaßnahmen bereitgestellt werden. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Jugendschutz. Das Mindestalter von BeReal liegt bei 13 Jahren. Zwar muss beim Herunterladen der App das Geburtsdatum eingegeben werden, dies wird allerdings nicht überprüft.

8. Fazit

Das wir mit BeReal das neue authentischere Instagram oder das statische Pendant zu TikTok gewonnen haben, ist zu bezweifeln. Der aktuelle Hype erinnert ein wenig an Clubhouse vor anderthalb Jahren. Die Wahrscheinlichkeit, dass BeReal sich langfristig in der breiten Masse etabliert, ist gering, bleibt aber abzuwarten.

Auch wenn wir uns alle ein bisschen mehr Authentizität wünschen, faszinieren uns doch die schönen (und auch gestellten) Dinge des Social-Media-Lebens. Bilder der Freunde beim Zähneputzen, bei der Arbeit oder einfach beim Nichtstun sind sicher gut für das Selbstwertgefühl, aber entsprechen sicher nicht der Erwartung vieler, wenn sie an Social Media denken.

Aktuell ist BeReal für Brands nicht sonderlich relevant, da sie weder auf der Plattform werben können noch Reichweite für einen eigenen Account aufbauen können. Influencer können BeReal sicherlich gut in ihre Kommunikation mit den Followern einbauen, um Einblicke in ihren ungeschönten Alltag zu geben. Wobei die Follower bei einem Post pro Tag natürlich auch an der kurzen Leine gehalten werden, da sie zum Beispiel von Instagram täglich mehrere Storys und Posts gewohnt sind.

Im privaten Kontext ist die App auf jeden Fall eine nette Abwechslung zum endlosen Social-Media-Konsum. Im beruflichen Kontext sollten Marketers die App im Blick behalten, um gegebenenfalls als „Early Adopter“ mit der eigenen Brand auf den Trend aufzuspringen.

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