Influencer und deren steuerliche Behandlung sowie strafrechtliche Gefahren

von Dipl. Jur. Mathias Martin LL.M

February 24, 2020

Zahlreiche aufstrebende Influencer werden von ihrem plötzlichen Erfolg überrollt. Ihre Einnahmen zu versteuern, ist auch für Influencer Pflicht. Das Thema Steuererklärung nehmen sie meist aus Unwissenheit und Nachlässigkeit nicht ernst. Dabei sind die Konsequenzen gravierend: Der Imageschaden in der Öffentlichkeit und der Verlust des Kunden tun weh.

„Ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung kann Existenzen gefährden und sogar bis zu zehn Jahre Haft bedeuten“,

sagt Mathias Martin, Fachanwalt für Steuerrecht. Seine Prognose:

„Auf Influencer, Blogger sowie YouTuber werden in naher Zukunft steuerliche und strafrechtliche Probleme zukommen. Gerade diejenigen, die auf ihrem öffentlichen Profil das gesamte Leben preisgeben, sitzen in einem Glashaus und müssen damit rechnen, dass auch das Finanzamt oder gar die Staatsanwaltschaft hinein schaut.“

Wie sehen Sie generell das Thema Influencer in Bezug auf das Steuer- sowie Steuerstrafrecht?

Herr Martin: Aufgrund meiner tagtäglichen Arbeit im Steuer- sowie Steuerstrafrecht habe ich viele Einblicke und Kontakte, welche es mir erlauben steuerliche sowie steuerstrafrechtliche Gefahren besser abschätzen zu können. Im Rahmen von regelmäßigen Fortbildungen sowie Lehrgängen trete ich wiederkehrend in Kontakt mit Staatsanwälten, Steuerfahndern, Betriebsprüfern oder Finanzrichtern, sodass mit diesen aktuelle und zukünftige Probleme besprochen und thematisiert werden können. Aufgrund dessen wage ich heute die Prognose, dass auf die Influencer, Blogger sowie YouTuber in naher Zukunft steuerliche und strafrechtliche Probleme zukommen.

Aus eigenem Interesse und der beruflichen Betreuung von namhaften Influencern ist mir bekannt, dass zahlreiche aufstrebende Influencer das Thema „Steuererklärung“ nicht ernst nehmen. Teilweise aufgrund von Nachlässigkeit, teilweise aufgrund von Unwissenheit. Beides würde ich gerne versuchen - zumindest stückweise - auszumerzen. Weder ein Finanzrichter noch ein Strafrichter hat Verständnis für Schlampigkeit und / oder Unerfahrenheit. Diese richten sich nach Recht und Gesetz, sodass die Konsequenzen für viele gravierend sein dürften.

Sind denn Influencer bzw. Blogger überhaupt steuerpflichtig?

Herr Martin: Diese Frage haben sich wahrscheinlich bislang nur wenige in der Branche gestellt, wenn Sie keinen versierten Berater an ihrer Seite haben. Und genau hier liegt das Problem sowie die Gefahr. Grundsätzlich ist jeder, der in Deutschland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, mit seinem Welteinkommen einkommensteuerpflichtig. Es ist der jeweilige Einzelfall zu prüfen, da viele Faktoren Einfluss darauf nehmen, ob tatsächlich Einkommensteuer anfällt oder sogar Umsatzsteuer und Gewerbesteuer geschuldet wird.

Nur derjenige, der Einkünfte erzielt muss diese auch gegenüber dem Finanzamt offen legen, sodass zahlreiche „Hobby-Influencer“ sich keine Gedanken hierzu machen müssen. Schnell wird aber das Hobby zu einer sprudelnden Einnahmequelle. Sobald Einnahmen erlangt werden und die Tätigkeit mit einer Gewinnerzielungsabsicht erbracht wird, sind diese für gewöhnlich in einer Steuererklärung niederzulegen.

Ob hieraus tatsächlich zu zahlende Steuern anfallen, weil beispielsweise die gegenüberstehenden Aufwendungen überwiegen oder der jährliche Grundfreibetrag von derzeit 9.408,00 € nicht überschritten wurde, ist separat zu betrachten. Sobald Einnahmen in welcher Form auch immer für eine erbrachte Leistung entgegen genommen werden, ist an eine grundsätzliche Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung zu denken.

Welche Einnahmen müssen besteuert werden? Sind Produkte und Hotelbesuche nur Geschenke?

Herr Martin: Der deutsche Staat definiert den Begriff von zu versteuernden Einkommen ziemlich streng. Alle Einnahmen, gleich in welchem Land diese erzielt werden, müssen, dem deutschen Finanzamt gemeldet werden. Dazu zählen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die der Influencer und Blogger für seine Tätigkeit erhält. Das bedeutet, dass auch kostenlose Hotel- und Restaurantbesuche, Gratisprodukte, Gutscheine und sonstige Sachbezüge als Einnahmen und nicht als Geschenke angesehen werden. Reine Geschenke müssen unentgeltlich verschenkt werden, ohne dass der Beschenkte eine Gegenleistung erbringen muss. Bekommen Influencer ein Outfit einer Modemarke oder eine Luxus-Uhr, um sie auf ihren Social-Media-Accounts zu zeigen und mit ihren Followern zu teilen so stellt das ein Entgelt dar und ist mit dem Marktpreis als Einnahme anzusetzen - das dürfte den wenigsten Influencern bewusst sein.

Gibt es auch steuerfreie Produkte?

Herr Martin: Nicht steuerpflichtig sind lediglich die Werbeprodukte, welche der Influencer / Blogger ohne diese genutzt oder konsumiert zu haben, zurück schickt. Gleich verhält es sich, wenn er das Produkt testet und anschließend zurück sendet, da kein wirtschaftlicher Vorteil verbleibt und kein Eigentumswechsel stattgefunden hat. Daneben sind reine Werbe- und Streuartikel mit einem Wert unter 10,00 € als steuerlich irrelevant zu betrachten. Darüber hinaus gibt es lediglich die Möglichkeit, dass von dem Unternehmen, welches das Produkt versendet, eine Pauschlasteuer bezahlt wird. Dies findet in der Praxis allerdings kaum statt.

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Benötigen Influencer bzw. Blogger ein Gewerbe bzw. eine Firma?

Herr Martin: Auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel. Die Tätigkeit eines Influencers / Bloggers wird vom Finanzamt ebenso wie die von einem YouTuber typischerweise als gewerblich eingestuft. Grundsätzlich muss für jede Tätigkeit, die mit der Absicht ausgeübt wird einen Gewinn zu erzielen, ein Gewerbe angemeldet werden. Es gibt allerdings Ausnahmen, wenn es sich um journalistische und künstlerische Tätigkeiten handelt. Ist eine Gewerbeanmeldung notwendig, was im Einzelfall geprüft werden sollte, so muss sich der Influencer / Blogger an das örtliche Gewerbeamt wenden. Die Anmeldung sollte vor Beginn der gewerblichen Tätigkeit erfolgen. Eine Firma in Form einer GmbH, KG oder Dergleichen muss nicht extra gegründet werden. Die meisten Influencer / Blogger werden als so genannte Einzelunternehmer tätig.

Welche Gefahren gibt es für Influencer bzw. Blogger?

Herr Martin: Zunehmender Erfolg und Bekanntheit ruft nicht nur die Aufmerksamkeit der Allgemeinbevölkerung hervor, sondern auch die der Finanzbeamten. Ruck zuck hat der Influencer / Blogger einen neuen ungebetenen Follower namens Steuerfahndung und / oder Betriebsprüfung. Der gesteigerte und oft schnelle Erfolg von Influencern und Bloggern ist zumeist gepaart mit horrenden Einnahmen von welchen der deutsche Staat partizipieren möchte. Es entstehen steuerliche Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten, denen es gilt nachzukommen. Anderweitig geht man ein unkalkulierbares steuerliches sowie strafrechtliches Risiko ein.

Wird die Steuer nicht rechtzeitig festgesetzt und abgeführt, weil beispielsweise keine Steuererklärung abgegeben wurde oder einzelne Einkünfte nicht aufgeführt worden sind, begeht man eine Straftat in Form einer Steuerhinterziehung. Die Folgen hieraus können existenzgefährdend sein, da ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren oft von steuerlichen Schätzungsbescheiden, Strafzahlungen und Hinterziehungszinsen begleitet wird. Daneben muss jedem bewusst sein, dass eine Steuerhinterziehung eine Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft nach sich ziehen kann. Wie sich unschwer erkennen lässt, also kein Kavaliersdelikt.

Aufgrund der öffentlich zugänglichen Profile in Instagram und Co ist es für die Ermittlungsbeamten ein Leichtes nachzuvollziehen, wann der jeweilige Influencer / Blogger für welches Produkt wo Werbung geschaltet hat. Gerade ab einer gewissen Follower-Anzahl ist zu erwarten, dass eine Gegenleistung geflossen ist, was für einen strafrechtlichen Anfangsverdacht ausreicht um ein Strafverfahren zu eröffnen.

Wirklich sehr interessant! Wie ist Ihr Fazit?

Herr Martin: Aufgrund aktueller Medienberichte und zwischenzeitlich ergangenen Gerichtsentscheidungen, wie beispielsweise in dem Fall von Cathy Hummels, sind die meisten Influencer und Blogger für das Thema „verbotene Schleichwerbung“ sensibilisiert, nicht jedoch für das Thema „steuerliche Pflichten“, was weitaus gravierendere Konsequenzen und Folgen nach sich ziehen kann. Bevor man also auf die Jagd nach Followern, Klicks und Likes geht, sollten zuvor die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen abgeklärt werden. Wer sich steuerlich keinen Rat einholt, handelt nicht fahrlässig sondern mit bedingtem Vorsatz.

Sobald der Internetauftritt nicht mehr nur privater Natur ist und Einnahmen gleich welcher Art auch immer generiert werden, sind diese grundsätzlich zu versteuern. Influencer, Blogger und YouTuber erzielen zumeist gewerbliche Einkünfte die dem Finanzamt gegenüber in Form einer jährlichen Steuererklärung anzugeben sind. Man sollte sich nicht von dem Irrglauben leiten lassen, Einkünfte müssen zwingend in Form von Geld erzielt worden sein. Gerade diejenigen, die auf ihrem öffentlichen Profil das gesamte Leben preisgeben, sitzen in einem Glashaus und müssen damit rechnen, dass auch das Finanzamt oder gar die Staatsanwaltschaft hinein schaut. Es ist zudem von größter Bedeutung alle Einnahmen, egal ob in Form von Sach- oder Geldzuwendungen ordentlich zu dokumentieren. Im Falle der Prüfung durch das Finanzamt ist ein Nachweis notwendig. Es sollte nachvollziehbar sein, von wem, was, für welche Leistung erlangt und wo diese Leistung erbracht wurde.

Reachbird: Herzlichen Dank für das Interview!

Gratis Download: Steuer-Checkliste für Influencer

Über Dipl. Jur. Mathias Martin LL.M

Mathias Martin

Mathias Martin, Fachanwalt für Steuerrecht und Master of Laws Taxation, Kanzlei Martin Rechtsanwälte, Karlsruhe. Herr Martin ist insbesondere auf Steuerrecht, Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht spezialisiert und berät namhafte Influencer.

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