Big Data trifft Steuerfahndung: 6000 Profile unter dem Mikroskop
Das Land Nordrhein-Westfalen lässt derzeit ein Datenpaket mit 6000 Social-Media-Accounts und einem mutmaßlichen Steuerschaden von rund 300 Millionen Euro auswerten. Ein spezielles Influencer-Fahnder-Team prüft Storys, Zahlungsströme und sogar Euren tatsächlichen Lebensmittelpunkt. Was früher eine manuelle Sichtung einzelner Posts war, geschieht heute automatisiert mit Datenanalysetools. Auszahlungslisten von YouTube, TikTok oder Twitch lassen sich genauso auswerten wie Geo-Tags in Instagram-Stories. Durch die Kombination mehrerer frei verfügbarer Datensätze rekonstruieren Fahnder sogar, ob der vermeintliche Dubai-Umzug tatsächlich stattgefunden hat oder ob der Creator weiterhin überwiegend in Deutschland lebt.
Wer glaubt, ältere Stories seien nach 24 Stunden vom Radar verschwunden, irrt: Social-Media-Archive und Server-Back-ups machen gelöschte Inhalte wieder sichtbar. Jeder Post kann so zum Puzzlestein einer Ermittlungsakte werden. Selbst ein vermeintlicher Wegzug lässt sich anhand von IP-Adressen, Standort-Metadaten und Reise-Content widerlegen. Die Ermittler haben Methoden entwickelt, um Werbepartnerschaften beweissicher nachweisen zu können und das sogar rückwirkend über mehrere Jahre. In der jüngsten Pressemitteilung des Landes NRW vom 15.07.2025 heißt es zwar ausdrücklich, dass man nicht „junge Menschen, die ein paar Follower gesammelt“ hätten, ins Visier nehme, sondern „die großen Fische“, die mit hoher krimineller Energie jegliche Steuerverpflichtung umgehen wollten. Meine Erfahrung als Steuer-Strafverteidiger ist aber eine Andere. Gerade die „Kleineren“, hinter denen kein Management-Team und erfahrene Berater stehen, sind diejenigen, die steuerliche Fehler und damit Straftaten begehen. Dass diese von den Steuerfahndungs-Ämtern in Ruhe gelassen werden, widerlegt die Anzahl an Strafakten, die bereits alleine über meinen Schreibtisch gelaufen ist. Wer also mit Social-Media nicht nur völlig unbeachtliche Einkünfte erzielt, muss davon ausgehen, dass seine Transaktionen schon heute irgendwo auf einem Finanzamts-Server liegen.